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Rebecca Gablé – Der Palast der Meere

AutorRebecca Gablé
TitelDer Palast der Meere
SerieWaringham Band 5
Seitenzahl956
VerlagLübbe Ehrenwirth
ISBN978-3-431-03926-9
Bewertung

Inhalt
England, 1560: Nachdem der Erbe des Hauses Waringham an den Pocken erkrankt und erblindet ist, soll sein Onkel, der vierzehnjährige Isaac, dessen Stelle als Erbe des Earls einnehmen. Doch Isaac fühlt sich auf Waringham nicht wohl, und so entschließt er sich, als blinder Passagier nach Frankreich überzusetzen und dort ein neues Leben zu beginnen. Doch hat er sich dazu das falsche Schiff ausgesucht, denn Kapitän Hawkins ist auf dem Weg nach Afrika…
Isaacs ältere Halbschwester Eleanor ist gar nicht begeistert, als die von Isaacs Flucht erfährt, ist sie doch als Vertraute und Auge der Königin eine vielbeschäftigte Frau. Besonders das Auftreten immer wieder neuer möglicher Heiratskandidaten für die Königin stellt sie vor eine besondere Herausforderung…

Meine Meinung
Der fünfte Band über die Familie Waringham beginnt knapp sieben Jahre nach dem Ende von Der dunkle Thron, so dass viele der Personen aus dem Hause Waringham bereits bekannt sind. Auch wenn Der Palast der Meere sehr gut als eigenständiges Buch funktioniert, würde ich empfehlen, den vierten Band zuerst zu lesen, um sämtliche Zusammenhänge besser verstehen zu können.
Hauptpersonen in diesem Roman sind Isaac und Eleanor, über deren Erlebnisse abwechselnd berichtet wird.
Isaac ist ein freiheitsliebender Junge an der Grenze zum Erwachsenenalter. Er lässt sich ungern vorschreiben, was er zu tun hat, und seine lose Zunge bringt ihn das eine oder andere Mal in Bedrängnis. Trotzdem ist er bereit, zu helfen, wenn Hilfe benötigt wird, auch wenn es ihm gelegentlich schlecht vergolten wird. Er ist eben ein typischer Waringham, ein Pferdenarr, auch wenn er nicht über die besondere Gabe der Familie verfügt.
Dagegen ist Eleanor mit ihrem Leben zufrieden. Bei Hofe ist sie eine der engsten Vertrauten der Königin, ist sie doch seit ihrer gemeinsamen Kindheit kaum längere Zeit von ihr getrennt gewesen. Sie genießt ihren Status als unverheiratete Frau, die sich keinem Mann unterordnen muss. Zudem verfügt sie über ein großes Spionagenetzwerk, um ihre Freundin immer bestens beraten zu können, und nicht selten ist sie selbst mitten im Geschehen.
Wie gewohnt kommt hier auch eine Vielzahl an historischen Persönlichkeiten vor. So trifft Isaac schon früh auf den noch jungen Francis Drake, und auch William Shakespeare hat einen frühen Auftritt, aber auch zahlreiche fiktive Charaktere treten in Aktion. Manche der Personen sind früh als Freunde oder Feinde der Hauptpersonen erkennbar, doch manches Mal trügt auch der Schein und die Gesinnung ändert sich im Laufe der Zeit.
An den vorherigen Romanen der Autorin über englische Geschichte hat mir besonders gefallen, dass man einerseits mit der fiktiven Hauptperson dicht am englischen Königshaus ist und dabei ist, wenn Geschichte geschrieben wird, man die politischen Zusammenhänge nahegebracht bekommt und man dadurch so einiges lernen kann, aber andererseits die Hauptperson auch ein eigenständiges Leben fernab des Hofes hat, eine eigene Geschichte, die es zu erleben gilt.
In diesem Roman ist dies aufgeteilt, mit Isaac erlebt man Abenteuer, mit Eleanor erfährt man, was politisch gerade wichtig ist. Gut 28 Jahre werden so in diesem Roman behandelt, in dem Freibeuterei, der Konflikt mit Spanien, Sklavenhandel oder auch die Bedrohung durch Mary Steward thematisiert werden. Dabei haben mir Isaacs Erlebnisse besser gefallen als Eleanors, weil ich das Gefühl hatte, dass bei Hofe meist nur über Politik gesprochen wird und Ergebnisse selten sichtbar sind, zudem sind es eher wenige Themen, die über die Jahre hinweg immer und immer wieder aufkommen.
Dabei sind es meist einzelne Episoden mit kleinen Spannungsbögen und Höhepunkten, weniger die eine große Geschichte, die es mit den Protagonisten zu erleben gilt. Immer wieder kommt es zu Zeitsprüngen, die bei einer so großen Zeitspanne kaum vermeidbar sind. Während die meisten dieser Sprünge passend waren und ich nicht das Gefühl hatte, viel verpasst zu haben, ist es gerade der letzte, der für mich zu lang war. Zu viel hat sich geändert, Kinder sind erwachsen geworden und haben eine eigene Persönlichkeit entwickelt, die ich so nie erwartet hätte.
Der Zeitpunkt für das Ende des Romans ist meiner Meinung nach nicht ideal gewählt. Zwar sind die meisten Handlungsstränge zu einem befriedigenden Ende gekommen, auf politischer Ebene dagegen ist wenig gelöst.
Einer meiner großen Kritikpunkte am vierten Band der Reihe war das zufällige, glückliche Auftauchen sehr vieler entfernter Warinham-Cousins. Zwar ist auch dieser Roman nicht frei von Verwandten, doch spielen die meisten von ihnen eher untergeordnete Rollen, so dass es mir hier nicht negativ aufgefallen ist. Dafür treten Mitglieder der Familien Durham und Helmsby, die in anderen Romanen der Autorin eingeführt wurden, etwas weiter in den Vordergrund.
Der Schreibstil ist gewohnt flüssig, an einigen wenigen Stellen war er mir ein wenig zu umgangssprachlich oder modern, weitestgehend habe ich mich aber an ihm nicht gestört.
Abgerundet wird der Roman wie gewohnt durch ein ausführliches Nachwort, in dem die Autorin auf Realität, Fiktion und Spekulationen eingeht. Auf ein Personenregister, das allerdings nicht alle Personen auflistet, wurde genauso wenig verzichtet wie auf Kartenmaterial.

Fazit
Auch wenn mit diesem Roman teilweise neue Wege beschritten werden und Waringham, das Heim vieler Generationen, in den Hintergrund rückt, gibt es dennoch viel Gewohntes. Wer die bisherigen Romane der Autorin mag, wird möglicherweise auch an diesem Buch seine Freude haben.

Vielen Dank an Bastei Lübbe und die Lesejury für das Leserunden-Exemplar!