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James Aitcheson – Die Ritter des Nordens

AutorJames Aitcheson
TitelDie Ritter des Nordens
OriginaltitelThe Splintered Kingdom
ÜbersetzerBernhard Weber
SerieConquest Band 2
Seitenzahl540
VerlagGoldmann
ISBN978-3-442-47975-7
Bewertung

Inhalt
England, 1070: Nachdem der junge Ritter Tancred a Dinant Ruhm in Eoferwic erworben hat, wird er mit einem kleinen Gut an der Grenze zu Wales belehnt. In letzter Zeit mehren sich die Angriffe der Waliser auf seine neue Heimat, so dass sich Tancred immer öfter zur Wehr setzen muss.
Schon bald benachrichtigt ihn sein Lehnsherr, dass sich die Waliser und die Angelsachsen gegen die Normannen verbündet haben und einen Angriff planen, während gleichzeitig die Küsten von den Nordmännern bedroht werden. Und so bleibt Tancred nichts anderes übrig, als erneut in den Kampf zu ziehen…

Meine Meinung
Bei Die Ritter des Nordens handelt es sich um den zweiten Band einer Trilogie um den fiktiven bretonisch-normannischen Ritter Tancred a Dinant. Kernpunkt des Romans sind die Schwierigkeiten, denen sich die Normannen in England in den Jahren nach der Eroberung ausgesetzt sehen, und die Maßnahmen, die dagegen ergriffen werden. Der deutsche Titel erschließt sich mir hier nicht, er scheint völlig willkürlich gewählt zu sein, denn Ritter aus dem Norden gibt es hier nicht. Der Originaltitel The Splintered Kingdom, zu Deutsch in etwa „Das zersplitterte Königreich“, drückt dagegen treffend aus, worum es geht, nämlich um das von von vielen Splittergruppen bedrängte normannische Reich.
Im Verlauf des Romans wird immer wieder auf vergangene Ereignisse Bezug genommen, ohne dass jedoch explizit zusammengefasst wird, was im ersten Band, Der Pakt der Schwerter, geschehen ist. Aus diesem Grund empfiehlt es sich nicht, diesen zweiten Band für sich oder mit einem großen zeitlichen Abstand zum ersten zu lesen, da einem sonst zu viel entgeht.
Zwischen dem Ende des ersten und dem Beginn des zweiten Bandes liegt etwa ein Jahr, über das der Leser nicht allzu viel erfährt, das aber auch nicht allzu ereignisreich gewesen sein dürfte.
Tancred ist inzwischen in Earnford nahe der walisischen Grenze heimisch geworden. Er hat seine eigenen Ritter, zudem lernt er die englische Sprache, um sich mit seinen Untergebenen verständigen zu können. Und er hat eine Geliebte, die sein Kind erwartet. Doch als sein Lehnsherr ihn ruft, muss der Ritter in den Krieg ziehen.
Als Ich-Erzähler lässt Tancred einen daran teilhaben, wie er diese schwierige Zeit erlebt. Das Warten, die strategische Planung, kleinere Konflikte, die sich aufbauschen und gefährliche Ausmaße annehmen, all das erfährt der Leser aus erster Hand.
Dabei ist Tancred doch sehr von sich selbst eingenommen, obwohl er doch nur ein kleiner Ritter ist. Als großer, starker Mann, der geschickt im Kampf ist und gut taktieren kann, hat er sich einen gewissen Ruf erworben, den es immer wieder zu verteidigen gilt.
Und so verwundert es wohl kaum, dass sich der Roman weitestgehend mit Kämpfen beschäftigt. Er beginnt mit einem kleinen Feldzug gegen walisische Räuber und Plünderer, beschreibt hier einen kleinen Kampf unter wenigen Personen, dann einen großen Kriegszug, einen Überfall hier, eine Kriegslist dort.
Ein wenig erscheint Tancred als Übermensch, dass er so viele große und kleine Kämpfe nahezu unverletzt übersteht, jedoch wird schon deutlich, dass es sich nicht um harmlose Scharmützel handelt.
Dennoch gibt es auch zartere Themen. Zwar nimmt die Liebe keine zentrale Rolle ein, dennoch gibt es hier zwei Frauen, denen Tancred Zuneigung entgegenbringt, und das auf eine verständliche Art und Weise, nicht übertrieben stark, aber auch nicht so, als wäre dieser Aspekt der Handlung völlig unwichtig.
Auch die eine oder andere interessante Wendung darf man hier erwarten, die ich so nicht vorhergesehen hätte, die aber der Handlung gut tut.
Während Tancreds Charakter recht gut dargestellt wird, bleiben nahezu alle anderen Figuren blass oder erscheinen schablonenhaft, insbesondere die Freunde und Untergebenen Tancreds sind absolut austauschbar und sind kaum mehr als Namen auf dem Papier. Manche von ihnen werden im Verlauf des Romans etwas genauer beschrieben, was aber kaum hilft, wenn sie schon über mehrere hundert Seiten gesichtslose Kämpfer nicht näher beschriebenen Alters waren. Dies wird durch die Ich-Erzählung begünstigt, da so einzig Tancreds Sicht berücksichtigt wird. Hier wäre deutlich mehr drin gewesen, was der Geschichte gut getan hätte.
Für eine Ich-Erzählung ist der Schreibstil zudem vergleichsweise nüchtern. Zwar sind die Beschreibungen sehr bildlich, man kann sich die Umgebung oder die Handlungen recht gut vorstellen, diese Erzählperspektive lässt aber auch zu, dass der Erzähler Einfluss auf die Stimmung seiner Geschichte nimmt und die Handlung dadurch emotional einfärbt. Und dies fehlt mir hier doch ein wenig, um wirklich mit Tancred mitfiebern zu können.
Während also die Handlung grundsätzlich viel Spannung aufweist, wird durch die sehr blassen Charaktere viel Potenzial verschenkt.
Um den Leser ein wenig stärker in die Zeit vor knapp tausend Jahren zurückzuführen, hat sich James Aitcheson dazu entschieden, die Ortsnamen in zeitgenössischer Schreibweise zu verwenden. Dazu findet sich auch eine Erklärung im Buch.
Als weiteres Zusatzmaterial gibt es eine Karte Englands sowie ein Nachwort, in dem auf die historischen Ereignisse eingegangen wird.

Fazit
Ein eigentlich spannender zweiter Band einer Trilogie, der sehr auf Kämpfe fokussiert ist, dessen blasse Charaktere aber den Lesespaß deutlich mindern.

Dagmar Trodler – Die Stunde der Seherin

Autor Dagmar Trodler
Titel Die Stunde der Seherin
Seitenzahl 415
Verlag Blanvalet
ISBN 978-3-442-37223-2
Bewertung

Inhalt
Vor der Küste Schottlands, 1069: Christina ist mit ihrer Familie auf der Flucht vor dem normannischen König William, als sie vor der schottischen Küste Schiffbruch erleidet. Von König Malcolm gerettet, ist dieser von Christinas Schwester Margaret wie verzaubert, die als Schwester des Æthlings Edgar eine geeignete Heiratskandidatin ist. Doch auch die klein gewachsene Christina kann sich vor politisch motivierten Anträgen kaum retten.
Als dann ein Fluch Margaret befällt, ist es an der jüngeren Schwester, ihm auf den Grund zu gehen und zu stoppen. Christinas Aufgabe ist jedoch beschwerlich, glaubt doch kaum jemand an die Existenz des Fluches…

Meine Meinung
Wie schon in einigen anderen Romanen von Dagmar Trodler entführt die Autorin ihre Leser auch hier wieder ins 11. Jahrhundert, dieses Mal nach Schottland und das nördliche England.
Während ich jedoch die anderen fünf Bücher überwiegend mit Genuss gelesen habe, hatte ich mit diesem Roman so meine Schwierigkeiten.
Dies lag überwiegend daran, dass der Schreibstil recht eigensinnig ist. Dabei störten mich weniger die immer wieder eingeschobenen lateinischen Sätze, überwiegend Bibelzitate, die schon mal mehrere Zeilen einnehmen und im Glossar im Anhang übersetzt werden – so etwas gab es auch in den anderen Büchern schon – sondern vielmehr die Vermenschlichung lebloser Dinge, oft in völlig abstrusen Kombinationen, wenn beispielsweise eine Fackel an der Wand nachdenklich die Schatten zweier Personen lang zieht oder einer Drohung Asche von den Schwingen rieselt. Dazu kommt, dass wörtliche Rede immer wieder von Auslassungszeichen unterbrochen wird. Durch die drei Pünktchen wird zwar sehr schnell deutlich, dass die Personen sprachlos sind oder die richtigen Worte nicht finden, doch zieht sich dies durch das ganze Buch und hat mich irgendwann nur noch genervt. Ebenfalls auffällig ist die Erwähnung der hygienischen Umstände. Immer wieder wird erwähnt, wie dreckig etwas ist, wie sehr die Personen stinken und was für Ungeziefer vorhanden ist. Dies sorgt zwar dafür, dass die Zeit nicht verklärt wird, aber irgendwann hat jeder mitbekommen, dass es unangenehm riecht, wenn mehrere Menschen im gleichen Raum schlafen und nicht lüften.
Während es in den vorherigen Büchern der Autorin zwar kleinere mystische Elemente gab, die mich nicht weiter gestört haben, sondern vielmehr ganz gut ins Gesamtbild passten, spielen sie hier eine deutlich größere Rolle. Denn Christina ist eine Táltos, eine Heilerin, die auf wundersame Weise schwere Wunden und Krankheiten heilen kann, zudem ist sie zunächst die einzige, die den Fluch und die damit einher gehende Bedrohung wahr nimmt. Erschien es mir zunächst nicht eindeutig, ob einige der beschriebenen Dinge tatsächlich passieren oder es sich um Einbildung handelt, wird dies zum Ende des Romans hin deutlicher, mir hat diese Entwicklung allerdings nicht zugesagt. Dafür, dass die meisten Charaktere historisch belegt sind, passiert einfach zu viel, was doch recht unglaubwürdig ist.
Auch sonst ist nicht immer deutlich, was denn genau passiert und was die Menschen aussagen, zu zerklüftet ist die Handlung, zu uneindeutig die Beschreibungen. Viele Dinge muss man sich zusammenreimen. Dafür ist die Handlung im Großen und Ganzen gesehen nicht unbedingt vorhersehbar, was dann wieder positiv gesehen werden kann.
Auch die Personen sind durch die schwammigen Beschreibungen sehr schwer zu greifen. Zwar wird klar, dass Christina ein gutes Herz hat und ihre Kräfte auch für Menschen aufwendet, die sie kaum kennt, dass sie gewisse Menschen aus dem Umfeld ihres Bruders verabscheut und das Leben im Kloster zwar angenehm, aber auch langweilig fand, dennoch hatte ich nie das Gefühl, sie irgendwie zu kennen oder zu verstehen, wie es bei anderen Romanfiguren durchaus der Fall sein kann.
Dazu kommt, dass es neben der schwer verständlichen Anziehung zwischen Malcolm und Margaret noch eine weitere Liebesbeziehung gibt, nämlich zwischen Christina und dem Culdee Nial, einem Einsiedler, der wie ein Mönch lebt. Eine Entwicklung ist in beiden Fällen kaum festzustellen, die Anziehungskraft ist da, und dann wird eben gehandelt – oder auch nicht. Warum sie aber zustande kommt und worauf sie aufbaut wird jedoch nicht deutlich. Ein Gutes hat diese Art der Darstellung: Die Charaktere sind in den seltensten Fällen nur gut oder nur böse, manche zeigen auf eingeschränkte Art auch durchaus andere Seiten, die ich so zuvor nicht erwartet hätte.
Neben dem bereits erwähnten Glossar gibt es auch ein Nachwort, in dem die Autorin zu ein paar Details Stellung nimmt.

Fazit
Konnten mich andere Bücher der Autorin noch fesseln, ist ihr das mit diesem Roman nicht gelungen. Die Handlung ist zwar mehr oder weniger spannend, doch ist sie mir zu abgedreht und dabei zu verwirrend beschrieben. Der Schreibstil trägt dann noch dazu bei, dass mich dieser Roman nicht überzeugen konnte.

James Aitcheson – Der Pakt der Schwerter

Autor James Aitcheson
Titel Der Pakt der Schwerter
Originaltitel Sworn Sword
Übersetzer Jochen Stremmel
Serie Conquest Band 1
Seitenzahl 542
Verlag Goldmann
ISBN 978-3-442-47713-5
Bewertung

Inhalt
Dunholm, 1069: Seit drei Jahren steht England unter normannischer Herrschaft, doch nicht alle Engländer akzeptieren ihren neuen König.
Tancred a Dinant ist ein Ritter im Gefolge von Lord Robert de Commines, der kürzlich als Earl von Northumbria eingesetzt worden ist. Doch immer wieder kommt es zu feindlichen Übergriffen.
Als die Stadt von Angelsachsen überrannt wird, kann sich Tancred schwer verletzt nach Eoferwic retten. Doch auch Eoferwic ist nicht sicher, und so erhält er von Guillaume Malet den Auftrag, dessen Frau und Tochter nach Lundene und Malets Kaplan, den Angelsachsen Ælfwold, im Anschluss nach Wiltune zu geleiten. Doch was für eine Botschaft soll überbracht werden? Kann Tancred Malet trauen?

Meine Meinung
Der Pakt der Schwerter ist der Debütroman des noch recht jungen britischen Autors James Aitcheson, in dem die Zeit nach der Eroberung Englands aus normannischer Perspektive betrachtet wird.
Dabei konzentriert sich der Autor auf die Ereignisse, wie sie aus Sicht eines Kriegers geschehen, indem er den Bretonen Tancred die Geschichte erzählen lässt.
Zu Beginn wird der Leser mitten in die Geschichte hineingeworfen. Wer Tancred und seine Gefährten sind erfährt der Leser zum Teil in Rückblicken, abgesehen davon wird nur betrachtet, was um den Ritter herum gerade passiert. Was während Tancreds Reisen andernorts geschieht, erfährt der Leser allenfalls im Nachhinein, wenn Informationen ausgetauscht werden. Dadurch ist der Blick doch recht eingeschränkt, der Gesamtzusammenhang fehlte mir an mancher Stelle und die Kämpfe, in die Tancred hineingerät, erschienen dann doch ein wenig beliebig.
Nicht immer war die Handlung völlig logisch. So trägt Tancred eine tiefe Wunde am Bein davon, doch nur wenige Tage später ist diese völlig verheilt, nur eine Narbe bleibt zurück, und kämpfen kann er auch schon wieder. Und dies ist nicht die einzige Logiklücke. Dennoch erscheint die Geschichte auf mich nicht völlig unglaubwürdig, im Großen und Ganzen hätte die Handlung so wohl stattfinden können.
Tancred als Ich-Erzähler ist eigentlich ein interessanter Charakter. Er vereint klösterliche Bildung mit vielen Jahren Schwertkampftraining, ist dabei aber der Kirche nicht extrem negativ gegenüber eingestellt. Auch ist er seinem Herrn Robert schon lange treu, so dass es ihm schwer fällt, sich anderweitig zu binden. Nicht immer durchdenkt er seine Handlungen bis zum Schluss, sondern handelt oft spontan.
Neben Tancred treten noch viele anderen Charaktere auf, doch schafft es Aitcheson leider nicht, diese durch Tancreds Sicht so zu beschreiben, dass sie Persönlichkeit erhalten. Insbesondere seine Gefährten blieben mir zu blass und austauschbar, die meisten anderen Personen werden nur einseitig beschrieben.
Grundsätzlich ist der Roman recht flüssig zu lesen, an einigen wenigen Stellen tauchen angelsächsische Wörter und Sätze auf, die nicht immer übersetzt werden. Die Bedeutung kann man sich zum Teil herleiten, für das Verständnis sind sie nicht wichtig, jedoch verdeutlichen sie Tancreds Sprachbarriere. Nicht ganz zufrieden war ich allerdings damit, dass die Normannen hier häufig als Franzosen bezeichnet werden, denn während dies in unserer Zeit korrekt ist, handelt es sich im 11. Jahrhundert um völlig unterschiedliche Völker, die nur die gleiche Sprache sprechen. Dies kollidiert zudem damit, dass Ortsnamen in ihrer alten Form verwendet werden. Ob dieser Fehler nun auf eine schlechte Übersetzung oder auf eine ungenaue Wortwahl des Autors zurückzuführen ist kann ich nicht einschätzen.
Wie man es von halbwegs aktuellen Romanen gewohnt ist, weist auch dieser Roman ein wenig Zusatzmaterial auf. Neben einer Karte gibt es eine Auflistung der Orte in mittelalterlicher und aktueller Schreibweise, zudem ist ein Nachwort zu finden, in dem der Autor Fakten und Fiktion trennt.

Fazit
Ein Roman in der Tradition Bernard Cornwells, in dem sehr viel gekämpft und gereist wird. An Cornwell reicht Aitcheson noch nicht heran, doch für einen Debütroman ist dieses Buch nicht schlecht.

Julia Kröhn – Distel und Rose

Autor Julia Kröhn
Titel Distel und Rose
Seitenzahl 575
Verlag Bastei Lübbe
ISBN 978-3-404-17306-8
Bewertung

Inhalt
Schottland, 1791: Die junge Engländerin Magdalene hat ihre vertraute Heimat verlassen, um in die schottischen Highlands zu ziehen, zu ihrem Ehemann, den sie kaum kennt und mit dem sie nichts verbindet. Der Kontakt zu den Bewohnern der Highlands lässt ihre Vorurteile der Wildnis gegenüber schrumpfen, doch die Kluft zu ihrem Mann wird immer größer. Doch dann entdeckt sie in der Bibliothek ein altes Pergament, das viele Fragen aufwirft.
1078: Die junge Northumbrierin Aelswith wächst am Hof der schottischen Königin Margaret auf. Doch eines Tages wird sie nach einem Streich von zwei Wanderheilern entführt. Was führen die beiden im Schilde?

Meine Meinung
Romane mit zwei verschiedenen Handlungssträngen zu verschiedenen Zeiten, die durch einen bestimmten Gegenstand miteinander verbunden sind, gibt es nicht gerade wenige. Solche, bei denen beide weit in der Vergangenheit liegen, findet man dagegen eher selten. Doch genau so ein Roman liegt mit Distel und Rose vor.
Während der frühere Handlungsstrang auch für sich gelesen werden kann, nimmt der spätere immer wieder Bezug auf diesen, jedoch nicht in einem solchen Maße, dass er völlig davon abhängig wäre, vielmehr wird hier eine eigene Geschichte erzählt, die auch ohne diesen Bezug funktioniert hätte. Dadurch, dass sich beide Geschichten abwechseln und die Kapitel immer wieder mit Cliffhängern enden, bleibt die Spannung stets auf einem hohen Niveau.
Beide Teile der Handlung behandeln interessante Zeiten, zu denen ich jedoch bisher wenig gelesen habe.
So beschäftigt sich der später spielende Teil mit der Zeit der Clearances, der Umsiedlung der Highlander an die Küsten und der Nutzung der ehemaligen Ackerflächen als Weiden, während der frühere sich mit der Aufklärung eines Geheimnisses beschäftigt, das mit der Nachfolge Macbeth‘ zu tun hat.
In beiden Handlungssträngen scheinen die Rollen klar verteilt zu sein: David als Vertreter der Oberschicht, der die Armen unterdrückt, Seòras als deren Sprachrohr, als Rebell, der in Magdalene, dem naiven Bücherwurm, romantische Vorstellungen weckt. Und im 11. Jahrhundert lernen wir Aelswith als junge, manchmal etwas vorlaute junge Frau kennen, die gegen ein kleines Abenteuer nichts einzuwenden hat, Taraín als jungen, gutaussehenden Wanderheiler, der sehr sympathisch erscheint, aber auch Hlothere, den angelsächsischen Ritter, der die Gruppe verfolgt.
Doch nicht immer ist alles so, wie es zu Beginn den Anschein erweckt, die zu erwartenden Liebesgeschichten eingeschlossen, man darf sich also auf die eine oder andere interessante Wendung freuen. Julia Kröhn spielt hier mit den Erwartungen der Leser, die durch Klischees und typische Romanelemente geprägt sind, und erzählt so eine ganz eigene Geschichte, die weitestgehend stimmig ist, wenn auch die eine oder andere falsche Fährte recht weit hergeholt oder nicht ganz in sich passen zu scheint. Eine für die Handlung sehr wichtige Frage wird auch nur am Rande beantwortet, so dass man diese sehr schnell überlesen kann. Hier hätte ich mir eine deutlichere Aufklärung gewünscht.
Auch zum Thema Macbeth hätte ich mir mehr erhofft. Es wird zwar gesagt, dass dieser schottische König als sehr grausam beschrieben wird – so erinnert sich Magdalene an Vorführungen von Shakespeares Stück, die ihr Schauer über den Rücken laufen lassen, und Aelswith wird über Ströme von Blut unterrichtet, für die Macbeth verantwortlich gewesen sein soll -, Genaueres wird jedoch nicht gesagt, also wie genau seine Grausamkeit sich geäußert haben und welche Untaten er vollbracht haben soll. Dies muss man selbst nachlesen, insbesondere bei Shakespeare, weil dieser das Bild maßgeblich geprägt hat, um eben dieses zu kennen. Kennt man es aber nicht, kann auch dieser Ansatz der Rehabilitation nicht funktionieren, der eben genau dieses Bild zum Ausgang nimmt.
An Zusatzmaterial bietet das Buch eine farbige Karte Schottlands, kurze Hinweise zur Aussprache einiger Namen sowie historische Anmerkungen.

Fazit
Eine interessante Verquickung von zwei Geschichten, die beide ihren Reiz haben und auch alleine stehen könnten. Gerne hätte es bei beiden mehr Details zum historischen Hintergrund geben dürfen. Man sollte sich zumindest am Rande für schottische Geschichte interessieren, denn wer den Roman liest, weil er nette Liebesgeschichten erwartet, könnte enttäuscht werden.

Vielen Dank an Bastei Lübbe und Leserunden.de für das Leserundenexemplar!

Martha Sophie Marcus – Herrin des Nordens

Autor Martha Sophie Marcus
Titel Herrin des Nordens
Seitenzahl 764
Verlag Golmann
ISBN 978-3-442-48106-4
Bewertung

Inhalt
Haithabu, 1044: Die vierzehnjährige Ingunn ist die Tochter des angesehenen Händlers Sigmund. Wie ihr Vater glaubt auch sie an die alten Götter, während ihre Mutter Godelind sich den Christen angeschlossen hat, was gelegentlich zu Unfrieden im Haus führt.
Als eines Tages die Brüder Torge und Jostein aus England eintreffen, verliebt sich Ingunn in den nur wenig älteren Torge. Das Mädchen überglücklich, als dieser um ihre Hand anhält, doch Torge und Jon stehen im Dienst des Jarls von Northumbria, viele Meilen entfernt.
Um Ingunn, sein einziges überlebendes Kind, abzusichern, beschließt Sigmund, sie als Nachfolgerin auszubilden.
Doch der kleinen Stadt Haithabu stehen unruhige Zeiten bevor…

Meine Meinung
Mit diesem Roman beschäftigt sich Martha Sophie Marcus mit dem Schicksal der Stadt Haithabu, die immer wieder Opfer von Überfällen wurde. Anhand fiktiver Personen schildert sie, wie die Menschen in dieser Zeit des Umbruchs gelebt haben.
Der Schwerpunkt liegt hier zu Beginn klar auf dem Alltag, der Verbreitung des Christentums und den damit einhergehenden kleinen und großen Konflikten, aber mit Fortschreiten der Handlung verlagert sich dies hin zu politischen Entscheidungen und der einen oder anderen Kampfhandlung. Auch eine Liebesgeschichte kann man erwarten, und auch wenn diese für die Handlung doch sehr wichtig ist, so ist sie nicht der Dreh- und Angelpunkt des Romans.
Dabei hangelt sich die Autorin an den historischen Ereignissen entlang, an denen die Hauptpersonen nicht selten direkt beteiligt sind, auch zögert sie nicht, die eine oder andere überlieferte Anekdote über reale Charaktere einzubringen. Es empfiehlt sich, ein wenig Vorwissen über diese Zeit mitzubringen, da doch recht viele historische Persönlichkeiten am Rande erwähnt werden, ohne dass genauer auf sie eingegangen wird.
Die meiste Zeit beschreibt die Autorin Ingunns Erlebnisse, gelegentlich zeigt sie aber auch, wie es Jostein gerade ergeht. Dabei werden nur die Dinge beschrieben, die die beiden Personen auch tatsächlich mitbekommen, was andernorts geschieht wird ausgelassen. Es kommt auch zu der einen oder anderen grausamen Szene, doch anstatt diese in allen Details zu beschreiben, geht Martha Sophie Marcus sehr sparsam mit diesen Beschreibungen um und deutet die schlimmen Dinge nur an. Dies hat mir gut gefallen, insbesondere, da diese Szenen alle für den weiteren Verlauf der Handlung wichtig sind und nicht bloß aufgepfropft wirken.
Während die Handlung zu Beginn recht dicht beschrieben ist und wenige Wochen oder Monate zwischen den einzelnen Kapiteln liegen, werden gen Ende hin die zeitlichen Abstände zwischen den Kapiteln immer länger, ganze Jahre werden übersprungen. Insbesondere die letzten zweihundert Seiten haben sich so etwas gezogen, hatte ich doch den Eindruck, dass der Roman eigentlich schon vorbei sein könnte, wenn nicht ein bestimmtes Ereignis am Ende des Romans hätte stehen sollen.
Hauptperson ist Ingunn, zu Beginn vierzehn Jahre alt, die als Tochter eines reichen Händlers sehr viele Freiheiten genießt. Im Haushalt hilft sie ungern mit, was auch daran liegt, dass ihre Mutter Godelind, inzwischen Christin, sich anscheinend jede Freude versagt und versucht, Ingunn ihren Glauben aufzudrängen. Sie ist sehr offen und spricht aus, was ihr gerade in den Sinn kommt, und auch in anderen Menschen zieht sie Offenheit vor.
Jostein, genannt, Jon, ist genau das Gegenteil von Ingunn. Er ist in sich gekehrt und denkt viel über seine Handlungen und die anderer Leute nach. Als Kämpfer ist er nicht zu verachten, doch seine Fähigkeit, sich nach außen hin bedeckt zu geben, qualifiziert ihn für ganz andere Tätigkeiten.
Neben diesen gibt es noch viele anderen Haupt- und Nebenfiguren – das Personenregister mit Erläuterungen umfasst etwa fünfeinhalb Seiten. Stereotype Darstellungen sucht man hier jedoch weitestgehend vergebens, nur wenige Charaktere sind einseitig gezeichnet, und der eine oder andere zeigt dann doch noch ein anderes Bild von sich.
Neben dem Personenregister weist das Buch noch weitere Zusatzausstattung auf. So ist vorne eine Karte enthalten, hinten findet sich zudem ein Glossar sowie ein Nachwort zu den historischen Ereignissen nach Ende des Buches sowie Erläuterungen zur Entstehung des Romans.

Fazit
Ein wunderschöner Roman, der mich, mit kleinen Abstrichen, wunderbar unterhalten und dabei nebenbei auch ein wenig über die Geschichte der Stadt Haithabu informiert hat.